Montag, 20. Juli 2009

Nette Famileinmitglieder

"We have been waiting for you a loooong time" - lange haben wir auf dich gewartet, sagt der Zollbeamte, der in Darwin, meinem Ankunftsort in Australien den Pass kontrolliert, als ich ihm sage, dass ich zum ersten Mal hier bin. Es war eine Anreise mit Hindernissen. Zuerst war ich zweimal am gleichen Flug gebucht. Nach dem Storno der einen Buchung werde ich nach meinem Visum gefragt. "Visum? Brauche ich ein Visum?" frage ich erstaunt und die Antwort ist ja. Ich hab keins, die Fluggesellschaft kann das fuer mich regeln, wenn ich 25 amerikanische Dollar zahle. Na klar doch. Eine australische Regierungsbeamtin kommt und kontrolliert meinen Pass mit der Lupe - wortwoertlich. Warum ich kein Visum habe, wo ich doch so viel gereist bin, fragt sie. "I am just stupid"- ich bin einfach deppert - sage ich und auch, dass ich nicht den Rest meines Lebens in Australien verbringen will, hoechstens ein paar Wochen, wenn ueberhaupt. Sie glaubt mir und gibt ihr ok.

Dann wird das Visum auf mein Ticket ausgestellt, das gerade storniert wurde. Ich bin mir nicht sicher, ob mich dieses Land haben will. Die freundlichen Balinesen schaffen auch diese Huerde, jetzt ist es schon etwas spaet und ich bekomme den Sitz Nummer 1D im Flugzeug, erste Reihe fussfrei. Die Stewardess unterrichtet mich, dass ich im Notfall bei der Evakuierung helfen muss und erklaert mir, wie die Tuer aufgeht. Ich bin froh, dass ich sitze und lasse sie reden. Dann der nette Empfang durch den Zollbeamten nach zweieinhalb Stunden Flug - sie wollen mich doch - und um vier Uhr frueh bin ich bei meinem Hostel. Der junge Mann an der Rezeption erklaert mir, dass meine Reservierung erst ab morgen gueltig ist und dass es sich wegen der paar Stunden nicht lohnt, fuer eine ganze Nacht zu bezahlen. Ich koenne mich ja einstweilen auf die Couch im Eingangsbereich legen.

Die Couch ist eine Holzbank, die Klimaanlage ist laut und alle fuenfzehn Minuten startet der grosse Getraenkeautomat seinen Kuehlmotor. Dazwischen geht immer wieder die Tuer auf, die Nachtschwaermer kommen nach Hause. Zuerst ein Maedchen, dann ein Bursch. Er laedt mich ein, ich koenne ja bei ihm schlafen, nein danke. Dann kommt ein Paerchen, inzwischen ist mir ziemlich kalt. Wieder ein Bursch. "Hey", sagt er, "bei mir im Zimmer ist noch ein Bett frei, willst du dich nicht dort hinlegen?" "Wieviele Betten hat das Zimmer?", frage ich. "Vier", sagt er, "aber nur drei sind belegt. In dem einen kannst du schlafen." Ich komme mit. Jemand schlaeft unten, er raeumt das Stockbett ab und ich lege mich hin und schlafe, bis der erste aufsteht.

Mein gebuchtes Bett ist in einem Vierbettzimmer mit drei deutschen Maedels. Im Hostel sind viele Franzosen und noch mehr Deutsche, viele davon mit einem Jahresvisum, wo man auch arbeiten kann. Verena arbeitet seit sieben Wochen bei McDonalds und will solange bleiben, bis sie genug Geld gespart hat, um weiterzureisen. Die zwei anderen, Kristin und Nadine sind zum Vergnuegen bzw zum Englischlernen in Australien und haben bis jetzt bei Gastfamilien gewohnt. Hostels finden sie gewoehnungsbeduerftig, gewoehnen sich aber schnell. Es gibt eine Gemeinschaftskueche, genuegend KLos und Duschen und jeden Tag kommt die Putzbrigarde, sogar ins Zimmer.

An der Waterfront ist ein kuenstlicher Strand angelegt, abgemauert, wie ich mich vergewissere, wegen Krokos, Haien und Quallen. Hier kann man tadellos sonnen und baden. Am Nachtmarkt gibt es Krokodil-, Kaenguruh- und Kamelfleisch zu essen. "You kill it, we grill it", steht am Stand angeschrieben. Ich koste von allen dreien, ist eh grauslich, Kris schmeckts. Der Didgeredoospieler am Markt ist blond und die Aboriginesmaedchen tanzen bzw wackeln mit dem Arsch, dass allen die Spuke wegbleibt. Fast jeden Abend gibt es Live-Musik in den Pubs. Die meisten Leute hier sind entweder junge TRaveller, die mit alten Campingbussen Australien bereist haben oder Seeleute, die ein paar Tage an Land verbringen, beide gierig nach Spass und Alkohol. Sie halten nichts von der Kunst der Verfuehrung oder haben keine Zeit dafuer. Hier geht die Post direkt ab: "You are so hot babe, wanna have sex?" - du bist so heiss, willst du sex? Nachdem man als Frau nicht sagen kann, ja, aber nicht mit dir, sage ich, nein, verpiss dich, bugger off. Zum Abgang sagt er noch, you have nice familymembers - nette Familienmitglieder - und starrt mir auf den Busen.

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