Mittwoch, 8. Juli 2009

Den Weltfrieden gefunden

Von Leh fliege ich ueber Neu Delhi mit zwei Tagen Aufenthalt bei ueber vierzig Grad nach Singapur. Der Flug von Singapur nach Bali in Indonesien dauert etwa zwei Stunden, ich komme um neun Uhr abends an. Die Dollar, die ich fuer mein Visum bei der Ankunft brauche, sind in meiner Reisetasche, deshalb muss ich auf mein Gepaeck warten, bevor ich das Visum beantrage. Bis alles erledigt ist, bin ich die letzte in der Ankunftshalle. Die Zollbeamten haben nichts zu tun und bitten mich, meine Reisetasche zu oeffnen. Was finden sie: drei Schachteln mit Schuesslersalzen, die aussehen wie Traubenzucker, aber genauso gut Speedtabletten oder sonst was sein koennten. Ich sage, es ist Medizin, sie sind in der Originalverpackung, aber sie sagen, das muessen wir testen. Sie nehmen aus jeder Packung ein paar Stueck und einer kommt mit einem Testkoffer. Er schmeisst eine Tablette in das Testroehrchen mit Fluessigkeit und ich denke, der koennte jetzt weiss Gott was hineinschmeissen und mir Drogenbesitz unterjubeln, bleibe aber ganz cool, denn ich weiss ja, dass es keine Drogen sind. Er testet eine Weile, es gibt keine Reaktion, er muss zugeben, dass ich recht habe und ich darf gehen.

Endlich im Hotel ist es fast Mitternacht, der Rezeptionist zeigt mir verschlafen mein Zimmer. Am naechsten Morgen gehe ich bei strahlendem Sonnenschein durch den bluehenden Garten zum Swimmingpool, das an gruene Reisfelder grenzt. Ich bin wieder angekommen im Sommer, den ich mir nach drei Monaten Himalaya und den letzten zwei Wochen Kaelte und einmal sogar leichten Schneefall gewuenscht habe. Und ich bin dort angekommen nach einem halben Jahr Reise, wo ich vor allem hin wollte: bei mir. Und was sehe ich, wenn ich mich so anschaue: zu alt, zu fett, zu viele Falten und zu viele Erinnerungen. Kaum denke ich mir das, habe ich ein richtiges Date. Er ist Australier, in meinem Alter, schlank, schaut gut aus, heisst Dean und fuert mich in das beste Restautrant der Gegend. Gott sei Dank war ich vorher mit den zwei Italienerinnen Francesca und Greta einkaufen, sonst haette ich gar nichts zum Anziehen. Er ist Vermoegensverwalter, verbringt seit Jahren seinen Urlaub hier und war heuer vorher in Wimbledon. An dem Abend, als wir uns kennenlernen, ist das Finale der Herren und er muss bald gehen, um es sich anzuschauen. Am naechsten Abend Aperitiv, bester Fisch und Wein, danach in die Bar und dann ist er locker genug, um zu tanzen. Er ist ein richtiger WASP, ein white anglo saxen protestant, aber in ihm steckt ein lustiger Bursche. Wenn jetzt schon August waere, wuerde ich denken, er ist der Mann, den mir die Wahrsagerin prophezeit hat. Es ist aber erst Juli.

Ich bin in Bali, auf der Insel der Goetter, die vor Schoenheit nur so strotzt. Jedes Gebaeude sieht aus wie ein Tempel und ist es doch nur ein Haus. Jede Tempeltaenzerin ist so schoen wie die nepalesische Goettin Kumari und zweimal am Tag stellen gut angezogene Frauen in einer kleinen Zeremonie Schaelchen aus geflochtenen Palmblaettern mit Blueten, Reis und Raucherstaebchen, Kekesen und Zigaretten am Gehsteig, im Garten und bei den Goetterstatuen auf. Leider gilt mein Visum nur fuer einen Monat und deshalb beschliesse ich, nach Australien weiterzureisen. "Zu dem Australier?', fragt meine Tochter gleich. "Ich habe nichts gegen Fernbeziehungen, aber ueber Kontinente?" "Nein, nicht zu ihm, er kommt aus Adelaide, das ist ganz unten im Sueden und dort ist jetzt Winter. Nach Darwin in Norden Australiens, dorthin sind es keine drei Stunden und dort ist auch warmes Wetter", antworte ich ihr bei unserem Chat. Um eine Idee zu bekommen, was mich in Autralien erwartet, schaue ich mir den Blog mixedsubstance - in 180 Tagen um die Welt - von Markus und Bernd an. Es sind Freunde von Flori, die seit fuenf Monaten reisen und in Mittel-und Suedamerika, Neuseeland und Australien waren.

Ich lese: "Wir sind gestern in Bali angekommen." In Bali? Ich bin auch in Bali, schreibe ich zurueck. Wollen wir uns treffen? Deans Urlaub ist nach einer Woche zu Ende und ich fahre auf die Gili-Inseln, wo die beiden sind. Ich habe Gili Trawangan gebucht und Markus will von Gili Air herueber kommen, die beiden brauchen eine Pause voneinander. Am Hafen die ueblichen Schlepper, ich lasse mir ein Zimmer zeigen und borge mir ein Rad aus, um mir weitere anzuschauen. Ich komme an einer kleineren Anlegestelle vorbei und da steht Markus mit seinem Rucksack, gerade angekommen. Wir schauen uns gemeinsam ein anderes Zimmer an, nehmen es, er borgt sich auch ein Rad aus und wir fahren los, am Strand entlang, oberhalb auf dem kleinen Weg und manchmal muessen wir Pferdefuhrwerken ausweichen, Autos und Mopeds gibts hier nicht. Nach einer halben Stunde kommen wir zu einer Plattform am Strand, wo schon einige Leute sitzen, der Sonnenuntergangsspot der Insel, wir sind genau zur richtigen Zeit da. Einer verkauft kuehles Bier, wir nehmen jeder eins und schauen der Sonne entgegen. Als es finster ist, fahren wir den kleinen Weg weiter und keine 15 Minuten spaeter sind wir wieder im Ort und haben die Insel umrundet. Nach dem Abendessen noch eine kleine Wasserpfeife in der Shishabar direkt am Strand, ueber uns der Himmel voller Sterne.

Wir schlafen bis mittag, dann gehen wir tauchen(Markus) und schnorcheln(ich). Das Wasser und die Luft haben die richtige Temperatur, die Wellen sind angenehm, das Korallenriff ist nur ein paar Meter vom Strand entfernt und die Fische sind blau, gruen, gelb, orange, gelb-schwarz-weiss gestreift, gross mit dickem Bauch, klein und in Schwaermen, duenn, lang und durchsichtig fast an der Wasseroberflaeche oder grosse Schalentiere, die am Meeresboden liegen und violette Fuesse herausstrecken. Mit ihnen zu schwimmen ist wunderbar. Am Ende der Tour kommen wir zu einem Schiffswrack, das angeblich seit sechs Jahren da unten liegt. Es ist voll zugewachsen mit allem, was das Meer so hergibt.

Zum Sonnenuntergang schaukeln wir eine Runde in der Haengematte, danach abendessen in einem Lokal mit einer Band, die Happy Birthday spielt und dann abtanzen bis vier Uhr frueh. Heute ist mein Geburtstag! Und weils so schoen war, wiederholen wir das ganze am uebernaechsten Tag nochmal, diesmal ist Bernd auch dabei. In Rudys Bar sind wir schon Stammgaeste, der Barkeeper begruesst uns mit: alles klar, wie gehts, und kann recht gut deutsch. Am naechsten Tag sagt Markus: "In dieser Nacht habe ich am Strand bei Sonnenaufgang den Weltfrieden gefunden."

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