Mittwoch, 18. März 2009

Wo ist dein Ehemann?

In Bangkok gehe ich nach elf Wochen Indien einkaufen. Es ist Samstag und wird ein Kulturschock fuer mich, in die andere Richtung. Und ich hab das Gefuehl, der Urlaub ist vorbei. Aber ich hab ja ein Sommerkleid an. Als ich das Einkaufszentrum verlasse, schlaegt mir die Hitze entgegen, es ist laut und aus den Kanaelen stinkt es. Was ist der Unterschied zwischen Indien und dem Westen, und Bangkok ist (fast) wie der Westen, hatte ich einen Inder gefragt. Die Antwort: Im Westen gibt es immer Strom, es ist sauber, alles faehrt puenktlich, die Leute halten sich an die Verkehrsregeln und es gibt keine streunenden Tiere.








Am Abend am Swimmingpool lerne ich Till kennen, einen Deutschen, der auf einer Insel war, wo sein Freund den Dreissiger gefeiert hat. "Morgen flieg ich zurueck, aber wenn du laenger bleibst, kannst du dir fuer den Pool im Marriotthotel, das gleich vorne an der Ecke ist, eine Tageskarte kaufen." Ich sage: "Wenn ich noch mit meinem Ex verheiratet waere, wuerde ich jetzt dort wohnen." Und er: "Was soll ich sagen, selber schuld", und wir muessen beide lachen und haben einen lustigen Abend, den ich bestimmt nicht gehabt haette, wenn ich im Marriott wohnen wuerde. Ich bin hier, um auf ein Visum nach Myanmar zu warten. Es kommt ein mail von Flori, dass morgen sein Lipom am linken Ellbogen operiert wird. Als Kind war das schon zweimal gemacht worden, zuletzt vor 15 Jahren. Jetzt ist es wieder sehr gross und die OP war fuer Dezember geplant gewesen, hat aber wegen Grippe nicht stattgefunden. Dem Onkel und zugleich Doktor Hik ist am morgigen Montag ein Patient ausgefallen, also kommt Flori dran. Ich denke, es wird alles gut gehen, der Mond ist im abnehmen. Zuerst schaut es gut aus, aber am Nachmittag blutet die Wunde nach und wird vom Onkel Doktor Hik nochmals geoeffnet. Ich kaufe mir eine thailaendische SIM-Karte fuers Handy, damit ich anrufen kann und bin einigermassen beruhigt, dass die Komplikationen vorbei sind und Flori auf dem Weg der Besserung.








Andrea und Sigi haben einen Thailandurlaub geplant und werden Ende der Woche in Bangkok eintreffen. Mein Visum hab ich schon, jetzt warte ich auf die beiden. Wir treffen uns wie vor drei Jahren in der Sunsetbar, als Andrea ihren Asienurlaub hier beendet und ich meinen hier begonnen hab. Wir fahren wie damals nach Chinatown und danach in die Skybar, wo sie uns aber nicht hineinlassen - lange Hosen fuer Maenner und Schuhe fuer Frauen. Damals war es nicht so streng, denn Chris, mein amerikanischer Begleiter hatte garantiert kurze Hosen an. Nach weiteren drei TAgen Bangkok gehts weiter nach Chiang Mai, einer Stadt in Nordthailand. Beim Stadtrundgang sehe ich auf einem Tempelgelaende das Schild "Fortuneteller" - Wahrsager - und eine Telefonnummer.








"Da gehe ich vielleicht hin", sage ich und Andrea fragt, ob ich keine Angst habe, dass er mir was Schlechtes vorraussagt. "Nein", sage ich, "was Schlechtes wuerden sie nicht sagen". Obwohl in der Sekunde faellt mir die Geschichte von Titziano Terzani ein. Ich habe sein Buch "A Fortuneteller told me" - ein Wahrsager hat mir prophezeit - vor Jahren gelesen. Er hat als jahrelanger Asienkorrespondent des "Spiegel" den Kontinent bereist ist immer wieder an verschiedenen Orten zu Wahrsagern gegangen. Einer hatte ihm gesagt, in einem bestimmten Jahr duerfe er nicht fliegen, das Flugzeug wuerde abstuerzen und er wuerde es nicht ueberleben. Als das Jahr naeher kam, machte er mit seinem Chefredakteur aus, dass er nur zu Land und zu Wasser reisen wuerde. Sollte ein EReignis einen rascheren Einsatz erfordern, wuerde ein Kollege hinfliegen. So geschah es auch und das Flugzeug stuertzte tatsaechlich ab, der Kollege ueberlebte. Danach nahm sich Terzani ein Jahr Auszeit und reiste auf dem Landweg von Asien in seine Heimatstadt Florenz und fuhr mit dem Schiff von Genua wieder zurueck. Das Buch beschreibt diese Ereignisse, aber mehr noch, wie aus einem kopfgesteuerten Westler ein Bhuddist wird, der sich dann in ein Kloster zum Meditieren zurueckzieht.








Andrea und Sigi fliegen am Sonntag nach KOh Samui und ich verbringe den TAg am Pool ihres Boutiquehotels. Als ich am Abend hinausgehe und mich nach Essen umschauen will, haben sich die Strassen in einen grossen Markt verwandelt, wo ich herumschlendere und dann stehe ich wieder vor dem Schild Fortuneteller. Ich gehe durch den Hof des TEmpels und sehe eine Frau vor einem Tisch sitzen, die mich zu sich winkt. Sie sagt: "Ich lese aus der Hand, aus den Karten und aus dem Gesicht, 200 Bhat." Das sind fuenf Euro und schon sitzte ich vor ihr. Die linke Hand ist fuer die Vergangenheit, das stimmt schon mal. Jetzt die rechte. "Oh, its a new man", sagt sie, ein neuer Mann, sagt sie immer wieder und ist dabei aufgeregter als ich. Und sehr praezise: im August werden wir uns treffen, er ist Geschaeftsmann mit Geld, in meinem Alter, mit weisser Hautfarbe und Englaender. Oder vielleicht aus Australien oder Neuseeland, da ist sie sich nicht sicher, jedenfalls nicht aus Europa. In den Karten ist er auch gleich praesent, sie kanns gar nicht fassen. Jedenfalls werden wir heiraten und naechstes Jahr in unseren Flitterwochen sollen wir bei ihr vorbeischauen. Dann darf ich sechs Fragen stellen, mir faellt gleich gar nichts ein, weil sie ueber alles Bescheid weiss und dauerd redet. Dann frage ich nach Kindern, Eltern, alles gut, sagt sie und meiner GEsundheit. "Stark wie ein junger Mann", ist die Antwort und das ueberprueft sie noch mit der Studie meines GEsichts.








Mit so viel Erkenntnis fahre ich weiter nach Pai, einem kleinen Ort noch weiter noerdlich, da ich von Chiang Mai sowieso nicht nach Myanmar kann, sondern nur von Bangkok. In Pai lerne ich ein thailaendisches Paar kennen, David und Sophia. Er ist Chirurg und sie haben zehn Jahre in Texas gelebt, aber ihre Eltern sind Chinesen. Wir schauen uns gemeinsam die Gegend an, einen Tempel, einen Wasserfall und ein chinesisches Dorf. Dann beim Kaffeetrinken fragt Sophia: "Glaubst du an Gott oder dem Wahrsager?" Da erzaehle ich von den Prophezeihungen und Sophia sagt: "Ich wollte dich sowieso die ganze Zeit fragen, wo dein Ehemann ist."